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In Europa herrscht weiter Furcht aufgrund der schwierigen Lage der öffentlichen Haushalte. Die Talfahrt des Euro setzte sich am Montag fort. Zweifel an der Zahlungsfähigkeit Ungarns sorgen für Unruhe. Auch wenn Ungarn versucht hat, den Eindruck zu zerstreuen, es stehe ähnlich schlecht da wie Griechenland.
07. Juni 2010
Die Talfahrt des Euro geht weiter. Wegen des Misstrauens von Investoren fiel die europäische Gemeinschaftswährung am Montagmorgen auf bis zu 1,1878 Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit März 2006. Erst am Freitag war der Euro unter die psychologisch wichtige Marke von 1,20 Dollar gesunken (Euro sinkt auf Vierjahrestief unter 1,20 Dollar ). Händler begründeten die abermaligen Kursverluste vor allem mit der anhaltenden Unsicherheit wegen der europäischen Schuldenkrise. Zuletzt waren Zweifel an der Bonität Ungarns aufgekommen. Ungarn ist Mitglied der Europäischen Union, gehört aber nicht zur Eurozone. Zum anderen wurden enttäuschende Arbeitsmarktzahlen aus den Vereinigten Staaten als Grund genannt.
Die ungarische Regierung hatte zwar am Wochenende ihre zuvor pessimistische Einschätzung der fiskalischen Lage deutlich verändert, die Zweifler aber offenbar nicht vollständig beruhigen können. Nachdem Ungarn zwei Tage lang der Welt verkündet hatte, es bestehe die Gefahr einer Krise wie in Griechenland, betonte sie nun, es gebe kein Risiko für einen Zahlungsausfall.
Nach nervösen Reaktionen der Finanzmärkte sagte der ungarische Staatssekretär Mihaly Varga am Wochenende in Budapest, Äußerungen von Mitgliedern der neuen Regierungspartei Fidesz seien „übertrieben und unglücklich“ gewesen. Die im April gewählte konservative Fidesz-Regierung werde daran arbeiten, die Neuverschuldung auf die von der Vorgängerregierung angestrebten 3,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu begrenzen. In den kommenden Tagen wird ein entsprechendes Maßnahmen-Paket erwartet. Am Donnerstag hatten Fidesz-Vertreter vor einem Defizit von bis zu 7,5 Prozent gewarnt und auf das Erbe der sozialistischen Vorgängerregierung verwiesen. Wegen der Haushaltsprobleme in Ungarn waren Anleger besorgt, dass sich die Schuldenkrise des Euroraums in Osteuropa ausbreite und Ungarn eine Staatspleite drohe. Der Wechselkurs der Landeswährung Forint zum Euro verschlechterte sich am Freitag von 274 auf 281. Der Euro rutschte auf den tiefsten Stand seit vier Jahren bis auf 1,19 Dollar.
EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte am Samstag bei der Tagung der G-20-Staaten in Südkorea, Ungarn habe bereits große Fortschritte bei der Konsolidierung der öffentlichen Finanzen erzielt. Spekulationen über eine drohende Zahlungsunfähigkeit seien übertrieben. Bank-Analysten stimmen dem zu und halten den Vergleich mit Griechenland für unsinnig. Die Bank Goldman Sachs weist darauf hin, dass sich Ungarn der Krise gestellt und den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die EU im Herbst 2008 um Hilfe gebeten hat. „In diesem Zusammenhang ist Ungarn Griechenland 18 Monate voraus.“ Die Spekulationen über eine derart verschärfte Lage in Budapest sind weit hergeholt, weil Ungarn noch gar nicht alle Mittel aus dem 20 Milliarden Euro schweren Hilfspaket aufgebraucht hat. Es könne seine Schulden damit „problemlos“ refinanzieren, heißt es. Ungarn hat zwei Drittel der Mittel abgerufen, um Währungsreserven zu erhöhen und Schulden zu bedienen. Die restlichen Tranchen wurden nicht mehr abgerufen.
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