本帖最后由 小猩猩 于 2011-9-17 15:03 编辑
Kweku Adoboli hat als Händler der Schweizer Großbank UBS einen Schaden von rund zwei Milliarden Dollar im Investmentbanking verursacht. Vor fünf Jahren hatte der Diplomatensohn aus Ghana bei der UBS als Investmentberater begonnen.
16. September 2011
Zuletzt hatte er wohl vergeblich gewartet auf ein Ereignis, das ihn noch hätte retten können. „Ich brauche ein Wunder“, soll der 31-jährige Kweku Adoboli im sozialen Netzwerk Facebook geschrieben haben. Der Investmentbanker bei der Schweizer Großbank UBS war zu diesem Zeitpunkt offenbar schon lange nicht mehr so entspannt wie auf dem Foto, das er im Internet von sich zeigte: ein Mann mit kurzgeschorenem Haar und modischem Bärtchen, mit müdem Blick auf einem Sofa liegend.
Das Wunder kam aber nicht - sondern die Polizei: Halb vier Uhr nachts am Donnerstag war es, Adoboli saß wie so oft spät an seinem Schreibtisch im Londoner UBS-Büro, da nahmen ihn die Beamten fest. Zuvor hatten Anwälte und Manager der Bank laut Medienberichten auf den Händler eingeredet, um herauszufinden, woher die gewaltigen Verluste stammen. Der 31-jährige Diplomatensohn aus Ghana hatte bei UBS als Star im Handel unter anderem mit Delta-One-Produkten gegolten - ein Bereich des Investmentbankings, der einst als relativ sicher galt, inzwischen aber als schwer zu kontrollieren eingestuft wird. Adobolis Aufgabe war es unter anderem, Anteile an börsennotierten Indexfonds zu handeln, sagen Händler zu Reuters, die den UBS-Mann kennen. Diese Fonds bilden die Wertentwicklungen von Finanzmarktindizes wie dem Dax ab.
Die UBS wirft ihm vor, mit ungenehmigten Wertpapiergeschäften zwei Milliarden Dollar (1,4 Milliarden Euro) verzockt zu haben. Am Mittwoch deckte die Großbank den Verlust nach eigenen Angaben auf und informierte die Behörden.
Die Aktivitäten Adobolis könnten für die UBS weitreichende Folgen haben. Nicht nur droht nun ein Minusergebnis im dritten Quartal. Zudem erklärten am Freitag die Ratingagenturen Moody's und Standard & Poor's, dass sie eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit der UBS prüften. Der mutmaßliche Betrugsskandal zeige „Schwächen im Risikomanagement“ der Bank auf.
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Händler der UBS verursacht zwei Milliarden Dollar Verlust
Vieles an dem Fall Adoboli erinnert an Jérôme Kerviel, den jungen französischen Skandalhändler, der vor drei Jahren die Société Générale, Frankreichs zweitgrößte Bank, mit seinen windigen Spekulationsgeschäften um knapp fünf Milliarden Euro brachte. Kerviel stürzte tief: Er wurde im Herbst 2010 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Außerdem muss er seinem früheren Arbeitgeber die enorme Summe zurückerstatten, die er verzockte.
Adoboli engagiert selbe Kanzlei wie Nick Leeson
Auch Adoboli konnte seinen riskanten Aktivitäten lange nachgehen, ohne dass der Schatten eines Verdachts auf ihn fiel. Als aufstrebender und beliebter Mitarbeiter wird er von Kollegen beschrieben, der durch seine gewählten Worte und gute Kleidung auffiel.
Die Londoner Polizei hat inzwischen Anklage gegen ihn erhoben. Adoboli hatte sich zuvor einen Rechtsbeistand geholt: Er wird nach Bloomberg-Informationen von der Kanzlei Kingsley Napley verteidigt. Es ist dieselbe Kanzlei, die im Jahr 1995 den Skandalhändler Nick Leeson beriet. Der britische Finanzjongleur Leeson hatte damals durch den Verlust von 1,4 Milliarden Dollar den Zusammenbruch der Barings-Bank verursacht.
Adoboli hatte einen Bachelor-Abschluss der Universität Nottingham
Laut seinem Profil in einem anderen Online-Netzwerk war Adoboli Chef der Abteilung Exchange Traded Funds, also für Börsenprodukte zuständig, die Aktienindizes wie den Dax abbilden. 300.000 Pfund (gut 342.000 Euro) verdiente er nach Schätzungen britischer Medien pro Jahr und lebte als Junggeselle in einer teuren Wohnung im angesagten Ost-Londoner Stadtteil Shoreditch.
Dort feierte Adoboli gerne Partys, engagierte einen DJ und lud jeden Monat 50 bis 100 Gäste ein. Als sich ein Nachbar über die laute Musik beschwerte, schickte er zur Entschuldigung eine Flasche Champagner.
Der ausschweifende Lebensstil passt kaum zu Adobolis hochseriös wirkendem Lebenslauf: Der 31-Jährige ist Sohn eines ehemaligen UN-Beamten aus Ghana, wo er auch geboren ist. Die Familie lebt noch immer in der Heimatstadt Tena. Der junge Kweku ging auf eine noble Privatschule in Nordengland, machte 2003 einen Bachelor-Abschluss in Informatik an der Universität von Nottingham und fing 2006 als Investmentberater bei der UBS an.
„Es könnte sein, dass er einen Fehler gemacht oder etwas falsch beurteilt hat“, sagte Adobolis Vater laut britischen Presseberichten zu den Anschuldigungen. Und fügte hinzu: „Ich habe unserer Familie beigebracht, gottesfürchtig und anständig zu sein.“
Text: AFP/dpa/Bloomberg |